Die Nordseeinsel Sylt startet 2025 mit einer Mischung aus Kultur und Gastronomie-Neuigkeiten in die Saison. Während Kampen seinen traditionellen Literatursommer zum 25. Mal veranstaltet, entstehen an den Stränden neue gastronomische Konzepte. Ein Überblick für Inselliebhaber, die nicht nur wegen des Sandes an den Stränden nach Sylt reisen.
Literaten und Denker im Jubiläumssommer
Der Kampener Literatur- und Kultursommer wird 2025 bereits zum 25. Mal durchgeführt. Das Programm im Kaamp-Hüs beginnt am 14. Juni mit einem Vortrag des Physikers Brian Schmidt, der 2011 den Nobelpreis erhielt. Seine Forschung zur beschleunigten Expansion des Universums bestätigte eine Theorie, die Einstein einst als seinen „größten Irrtum“ verwarf – eine kosmische Volte, die Schmidt bei freiem Eintritt in Kampen erläutern wird.
Für Podcast-Fans dürfte der 12. Juli interessant werden: Die Schwestern Sabine Rückert, stellvertretende ZEIT-Chefredakteurin, und Johanna Haberer, Theologieprofessorin, bringen ihre Sendung „Pfarrerstöchter“ nach Sylt. Laut Programmbeschreibung versprechen die beiden, biblische Geschichten „aufzuräumen mit Kitsch und Klischees“ – was das in der Praxis bedeutet, können Besucher selbst erleben.
Die literarische Bandbreite reicht 2025 vom Journalisten Constantin Schreiber, der am 17. Juli seinen Krimi „Echnatons Fluch“ vorstellt, bis zum Autor Heinz Strunk, der Ende August mit „Zauber Berg 2“ ans Mikrofon tritt. Zwischendurch finden sich Autorinnen und Autoren wie Felix Oldenburg zum Thema Philanthropie, Notfallsanitäter Tobias Schlegl mit einem Buch über seine Pilgerwanderung mit seiner Mutter oder der Mediziner Dietrich Grönemeyer zum Thema „Natürlich altern“.
Neue Gastronomie rund um die Insel
Während in Kampen über Literatur diskutiert wird, tut sich im Rest der Insel einiges in der Gastronomie. Julian Diedrichsen hat mit seinen Freunden Benjamin Keller und Frederik Wiegleb auf dem Wenningstedter Campingplatz eine neue Heimat gefunden. Ihr „Café Klapprad“ – benannt nach der gemeinsamen Fahrradleidenschaft – soll mehr als nur Kaffee und Kuchen bieten, und macht den Betreibern offenkundig Freude: „Ich stehe morgens auf und bin gerne hier. Eigentlich will ich gar nicht mehr nach Hause“, sagt der 34-jährige Gastronom, der zuvor in verschiedenen Restaurants auf der Insel tätig war.
Die Insel erlebt eine kleine Invasion rollender Gastronomiebetriebe: In Morsum hat ein Foodtruck namens „Haihappen“ von Sascha Mesterknecht und Merle Thomas Stellung bezogen. Auf dem dortigen Campingplatz werden nun Crêpes, Kaffee und wechselnde „Hailights“ (nein, das ist kein Tippfehler, sondern es basiert auf dem Wort „Hai“) wie Tacos oder Barbecue angeboten. Zwischen Friesenkapelle und Dorfteich in Wenningstedt hat Jette Behrens ihren Retro-Bulli „Küstenbohne Sylt“ geparkt – vielleicht der einzige Bulli auf Sylt, der nicht zur Ferienvermietung inseriert wird?
Auch in Westerland gibt es gastronomischen Wandel: Gastronom Pius Regli verwandelt den ehemaligen „Marinara Beachclub“ am Strandübergang Nordseeklinik in „Pius on the Beach“. Was genau eine „chillige und gemütliche Atmosphäre“ vom Vorgängerbetrieb unterscheidet, bleibt abzuwarten – Sand unter den Füßen dürfte an dieser Strandlage jedenfalls gesichert sein.
Wattenmeer wird 40 – Naturkultur trifft Literatur
Während Literatur- und Kulinarikfreunde an den Stränden Sylts gut versorgt werden, feiert der Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer sein 40-jähriges Bestehen. Die beiden „Wattjungs“ Werner Mansen und Jan Krüger, die als Nationalpark-Wattführer Gäste durch das UNESCO-Weltnaturerbe führen, sind dabei besondere Botschafter. „Ich bin ja ein Nationalparkpartner der ersten Stunde“, sagt Werner Mansen, der seit seiner Pensionierung als Leiter des Naturschutzzentrums in Braderup hauptsächlich Führungen anbietet.
Die beiden gebürtigen Sylter sehen sich als „Botschafter Sylts“ und verbinden Naturwissen mit Unterhaltung. Wenn Mansen beispielsweise mit seiner Forke einen Wattwurm ausgräbt, um zu demonstrieren, wie dieser sein Hinterteil zum Schutz vor Fressfeinden abstreifen kann, fügt er humorvoll hinzu: „Der hat’s jetzt überstanden. Morgen grab ich für meine Gäste einen anderen aus. Nie denselben Wurm zweimal, da habe ich meine Prinzipien.“
Anlässlich des Jubiläums hat die Nationalparkverwaltung eine ganzjährige Veranstaltungsreihe mit dem Titel „40 Jahre & 40+ Nationalpark-Erlebnisse“ organisiert. Auf Sylt finden unter anderem Wattwanderungen und ein „Kurzfilm-Night Ride“ mit dem SMG-Lastenradkino statt – eine Kombination aus Naturerlebnis und kulturellem Programm, die den Bogen zu den literarischen Aktivitäten in Kampen spannt.
Kulinarische Traditions- und Kunstwechsel
In Keitum sorgt ein traditionsreicher Wechsel für Aufmerksamkeit: Das Hotel „Benen-Diken-Hof“ übernimmt das Restaurant „Salon 1900“ und siedelt sein eigenes Restaurant „Kökken“ dort an. „Wir wollen das ‚Kökken‘ zum neuen Lieblingsrestaurant für die gehobene norddeutsche Fischküche machen“, kündigt Gastgeber Claas-Erik Johannsen an. Neben Menüs und Weinen soll das Haus auch ein Ort für kulinarische und kulturelle Events werden.
In Hörnum hat der Neuseeländer Stephen O’Connor im Vereinsheim des Sylter Catamaran Clubs sein eigenes Lokal „Utkieker“ eröffnet. Das Konzept als Bar und Café mit Blick aufs Meer soll laut O’Connor „wie ein großes Wohnzimmer“ sein – mit Gesprächen und ausgewählten neuseeländischen Weinen. Im Sommer sind hier auch kleine Konzerte und Partys geplant, ein weiterer Beitrag zum kulturellen Leben der Insel.
Sylt bewegt sich – zu Fuß und auf Rädern
Neben Kultur und Gastronomie wird auf Sylt auch kräftig in die Pedale getreten. Was einst als reines Vintage-Rennrad-Event begann, entwickelt sich weiter: „Cycling Paradise Sylt“ lädt am 30. August zu einer Inselrundfahrt für alle Fahrradtypen ein – mit Wahlmöglichkeit zwischen 100 oder 65 Kilometern. Neu im Programm ist der „Cycling Paradise Social Ride“ am 29. Mai: Eine 40-Kilometer-Ausfahrt mit anschließendem Fahrradkino – ein Konzept, bei dem nicht nur die Beine, sondern auch die Augen bewegt werden sollen.
Für Yoga-Interessierte bieten die „Yo Days Kampen“ am 29. August einen intensiven Tag rund um das Thema Yoga, der laut Veranstalter das Potenzial hat, in den nächsten Jahren zu einem Festival zu wachsen. Die Verbindung von Bewegung, Meditation und Natur spiegelt die vielfältigen Facetten der Insel wider.
Literatur, Esskultur, Wattlandschaft und Bewegungsdrang – auf Sylt lässt sich 2025 einiges erleben, wenn man vom Strandkorb aufsteht. Ob man einem Nobelpreisträger im Kaamp-Hüs lauscht, im neuen Fahrrad-Café einkehrt oder mit den selbsternannten „Wattjungs“ durch den Schlick stapft – die Veranstalter auf der Nordsee-Insel bemühen sich redlich, den Besuchern mehr zu bieten als nur Sandburgen und Sonnenbrand.
Foto: Nationalpark-Wattführer Jan Krüger (links) und Werner Mansen. © Sabine Braun l Sylt Marketing
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